Listen & view Barbara Thalheim - Höhlenlied lyrics & tabs

Track : Höhlenlied

Artist : Barbara Thalheim

Album : AltTag (Lieder zu Filmen)

Höhlenlied by Barbara Thalheim from album AltTag (Lieder zu Filmen)

Duration : 6 minutes & 14 seconds.

Listener : 8 peoples.

Played : 35 times and counting.

Wir haben in der Höhle gesessen
Und irgend geklaute Sachen gefressen
Und alles war irgendwie komisch verdreckt
Aber es hat, ja, es hat nach Abenteuer geschmeckt –
Das war damals gewesen, in jenen Jahren
Als wir noch so klein, wie die Kleinen waren
Die heute wohl nicht mehr in Höhlen sitzen
Weil sie die Wohnungen ihrer Eltern besitzen!
Unsere Eltern sind die letzten Helden gewesen
Sie haben gehungert, Broschüren gelesen
Sie hatten geschossen und waren gestorben
Sie wurden verstoßen, vergessen umworben
Sie haben sich hoch und flach gedient
Die Herzen geöffnet, die Seelen vermint –
Ihre Schuld war klein, ihre Kraft war groß
Ihr Leben ging erst nach dem Ende los
Doch sie hatten noch Kraft und konnten es wagen
Erneut ihre flachen Wurzeln zu schlagen
Wieder zu wachsen nach allem Ende
Und nicht zu wuchern über's Gelände!
Ja, so haben es unsere Eltern gemacht
Und wir haben unsere Zeit in der Höhle verbracht
Aber jetzt hat die Welt eine Form gefunden –
Nichts mehr im Dunkeln, alles gebunden
Da wirkt alles so klein, was man tut!
Auf das wilde Stück Land, wo unsre Höhle war
Wo man nur grün und unbesiegbare Sträucher sah
Wird jetzt eine große Kaufhalle gestopft
Der Bauch unseres Stadtteils – doch wo bleibt der Kopf?

Manchmal möchte ich auch heute noch eine Höhle haben
Wo es dunkel ist und man ist unter sich
Einen kleinen Teil der Erde selber haben
Wo man sich verbergen kann, auch wenn es nicht sein muss
Allem Anfang näher wäre als dem Schluss!

Wir haben in der Höhle gesessen
Auf's Heldentum vergangener Zeiten versessen
Aber keiner wollte sein unser Feind
So sind unsre großen Pläne versteint!
In der Schule hat man uns Halstuch und Sprüche gegeben:
"Ihr lernt nur für euer eigenes Leben!"
Was soll denn das für ein Leben sein –
Was soll da alles drin wichtig sein?
Unser Leben begann erst nach zwölf Uhr
Die Schulen im Rücken hinterließ kaum 'ne Spur
Den Wohnungsschlüssel auf unserer Brust
Benutzten wir nicht, wir hatten zu anderem Lust!
Wir haben die Straßen und Höfe gestürmt
Angst gefühlt und sind doch nicht getürmt
Streiche erfunden, Leute erschreckt
Und bei den Großen Schwäche entdeckt –
Die Schoßhunde unserer Nachbarn gequält
Und immer die scheinbare Freiheit gewählt
Durchsuchten die dunkelsten Keller und Plätze
Was keiner mehr wollte, das war'n uns're Schätze
Das haben wir ins Dunkel der Höhle gebracht!
Und es war immer um Mitternacht
Wenn wir in unserer Höhle saßen
Am Feuer geröstete Schrippen aßen
Und jeder Ton von draußen uns schreckte
Und die Hoffnung auf wirkliche Feinde weckte
Wir freuten uns drauf, uns selbst zu befrei'n –
Doch verdammt und verflucht, es musste nie sein!
Aber nirgends war'n wie in dem engen Bau
Unsre Träume so weit und so ungenau!

Manchmal möchte ich heute noch eine Höhle haben
Wo man träumen kann und nicht an Grenzen stößt
Eine Handvoll Leute, wie sich selber haben
Und nur auf sich selber hör'n, auch wenn man nicht viel weiß –
Nur an große Dinge denken und nicht an den Preis!

Wir saßen auf den Treppenstufen
Rauchten und fühlten uns gerufen –
Das Verstecken brachte auch nicht mehr viel
Wir suchten und fanden kein neues Spiel!
Wir sah'n unsre Eltern ratloser werden
Ihre Pflichten wie Himmel, ihre Wünsche wie Erden
Ihre Vorschläge schlugen gar nicht mehr ein
Und die Freiheit der Höhle war auch schon zu klein!
So saßen wir auf den Treppenstufen
Als würde man grade nach unsereins rufen –
Das Gerufensein aber blieb ein Gefühl
Die Rufe war'n zu allgemein und es riefen zuviel!
Sie gingen an unserer Höhle vorbei
Wie klein und wie dunkel auch immer sie sei!
So kommt's, dass ich heute noch manchmal find'
Dass wir noch gar nicht richtig aufgestanden sind –
Noch gar nicht wissen, was wir wollen
Nur grade mal können, was wir sollen
Und damit woll'n wir nicht zufrieden sein
Und so fallen uns Höhlen und Stufen ein
Wo man ganz eng aneinanderrückt
Ein dunkles, ein kleines, ein Gruppenglück
Wo man sich sagt: "Wenn dir alles missrät
Die Höhle ist etwas, das immer geht!"

Manchmal möchte ich auch heute noch eine Höhle haben
Wo man träumen kann und die man dann verlässt
Einen kleinen Teil der Erde selber haben
Und am großen Rest beteiligt sein
Denn die Freiheit einer Höhle ist zu klein!

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